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Der Gedenkort

Nur noch ein Schatten – das marode Gebäude wurde abgerissen

Vor dem Nationalsozialismus war Leipzig auch Zentrum jüdischen Lebens. Enteignungen, Deportation, Shoah haben diesen Teil der Gesellschaft entfernt. Die entstandene Lücke zeichnet sich bis heute fort.

Die Josephstraße 7 ist eine solche Lücke – ein partizipatorischer Gedenkort, der erinnert, anstößt und Kontinuitäten in die Gegenwart aufzeigt.
In der Josephstraße 7 lebten und arbeiteten die Familien Reiter und Lotrowsky. Isidor Reiter betrieb hier eine Rosshaarsortieranstalt. Am 28. Oktober 1938 wurden er und seine Familie zusammen mit mehreren Tausend anderen Leipziger Juden und Jüdinnen nach Polen deportiert. Isidor Reiter wurde dort später von Nazis umgebracht. Ida Jetty Lotrowsky wurde am 21. Januar 1942 nach Riga deportiert und ist dort verschollen. Die Tochter von Isidor Reiter – Amalia Schinagel – konnte nach New York emigrieren, wo sie bis Ende der 1990er Jahre lebte. Als rechtmäßige Erbin hat sie das Grundstück Josephstraße 7 mit dem mittlerweile unbewohnbaren Haus 1991 zurück erhalten. Sie selbst hatte kein Interesse nach Deutschland zurück zu kehren. Niemand wollte das Haus in der Josephstraße 7 kaufen, das daraufhin nach und nach verfallen ist. 1998 verlangte die Stadt Leipzig Steuern von ihr.

Im Jahre 2006 erfolgte, nach Zustimmung des Rechtsvertreters der Familie Reiter, der Abriss des inzwischen baulich ruinösen Hauses durch die Stadt Leipzig. Abrisskosten und steuerliche Forderungen belaufen sich auf etwa 40.000 Euro, die die Stadt über eine zwangsweise Versteigerung des Grundstückes erlösen wollte.

Das Schreiben von Amalia Schinagel, der Tochter des deportierten Isidor Reiter, machte Interessierte auf die Geschichte der Josephstraße 7 aufmerksam und war schließlich ausschlaggebend für die Idee, auf diesem Grundstück einen Gedenkort zu errichten.

Gernot Borriss

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